Bis zur Gründung der Ersten Republik war es noch ein weiter Weg. Bereits im Jahr 1848 hatte es Forderungen nach mehr Mitbestimmung gegeben: Die Bauern wehrten sich gegen die Großgrundbesitzer, die ArbeiterInnen gegen die schlechten Arbeitsbedingungen. Die Serie der Aufstände im Jahr 1848 nannte man „bürgerliche Revolution“. Diese revolutionäre Bewegung legte den Grundstein für die demokratische Regierungsform ab 1918.
1848: „Das Geburtsjahr der Demokratie“
In Europa herrschten vor 1848 fast ausschließlich KaiserInnen und KönigInnen, die Macht lag also fast immer bei einer Person. Die Untertanen mussten den Willen der HerrscherInnen befolgen.
Durch die zunehmende Industrialisierung bildete sich eine Mittelschicht in der arbeitenden Bevölkerung heraus, das Bürgertum. Es kämpfte für die Unabhängigkeit vom Adel und für mehr Mitsprache innerhalb der Monarchie.
Österreich und das veraltete System
Aus dem Wunsch heraus, die politischen und sozialen Verhältnisse zu verändern, entwickelte sich ein Aufstand gegen den Kaiser. Es folgte ein „Völkerfrühling“ mit mehreren Revolutionen.
Bei der Märzrevolution 1848 schoss das Militär in Wien auf Demonstranten. Studenten forderten mehr Mitsprache: Meinungs- und Religionsfreiheit, die Abschaffung des Feudalismus sowie eine allgemeine Volksvertretung.
Nachgefragt: Was bedeutet Feudalismus?
Feudalismus bedeutet, dass die Bauern Land bewirtschaften durften, dabei jedoch dem Grundherrn mit „Leib und Gut“ unterstellt waren.
Als Folge der Auseinandersetzungen trat Staatskanzler Metternich zurück. Die Zensur wurde aufgehoben und eine bürgerliche Verfassung geschaffen. Die Staatsform der Monarchie blieb weiter bestehen, es wurde lediglich eine neue Regierung gebildet. Viele Aufständische waren unzufrieden, weil sie bei der Bildung der Regierung nicht beteiligt waren.
Pillersdorf’sche Verfassung und erster österreichischer Reichstag
Im April 1848 sollte die Verfassung erneuert werden. Ein Vorschlag sah vor, einen Reichstag mit zwei Kammern zu gründen („Pillersdorf´sche Verfassung“). In der ersten Kammer (Senat) sollten die Vertreter des Adels und der König sitzen, in der zweiten die gewählten Abgeordneten. Sie sollten von den männlichen Staatsbürgern ab 24 Jahren gewählt werden. Die Verfassung war jedoch nur kurz, nie dauerhaft in Kraft.
Am 22. Juli 1848 wurde die erste parlamentarischen Versammlung („Reichstag“) in der Geschichte Österreichs eröffnet. Der Reichstag beschloss noch im gleichen Jahr unter anderem die Befreiung der bäuerlichen Bevölkerung und das Ende des Feudalismus.
Wiener Oktoberrevolution
Nachdem sie ihre Ziele erreicht hatten, zogen sich die Bauern aus der Revolution zurück. Doch es brodelte weiter: In Wien wurde im Oktober 1848 ein Aufstand niedergeschlagen („Oktoberrevolution“). Aufgrund der Unruhen musste der Reichstag in die mährische Stadt Kremsier verlegt werden. Dort berieten die Abgeordneten neuerlich über die Grundlagen einer neuen Verfassung. Das Ergebnis war der „Kremsierer Entwurf“ zur Volkssouveränität, das heißt zur Selbstbestimmung der Völker. Dieser Verfassungsentwurf sollte die Nationalitätenfragen innerhalb des Vielvölkerstaates lösen. Auch dieser Entwurf wurde jedoch nie umgesetzt.
Nachgefragt: Warum spricht man von der Habsburgermonarchie als „Vielvölkerstaat“?
Die Habsburgermonarchie vereinte unter anderem Teile des heutigen Ungarns, Tschechiens, Polens, Italiens, Sloweniens, Kroatiens, Rumäniens sowie der Slowakei und der Ukraine. Es gab innerhalb der Monarchie viele verschiedene Sprachen und Kulturen.
Ende der Revolutionen und Beginn des Neoabsolutismus
Nach der gescheiterten Oktoberrevolution wurde jeder Wunsch nach Veränderung und bürgerlicher Mitbestimmung unterdrückt. Am 2. Dezember dankte Kaiser Ferdinand I. dennoch ab. Auf den Thron folgte der erst 18-jährige Franz Joseph I. Sein politisches Ziel war es, das Revolutionsjahr 1848 endgültig zu überwinden.
Im März 1849 wurde schließlich der Reichstag in Kremsier aufgelöst. Mit der sogenannten „aufgezwungenen“ Märzverfassung lag die ganze Macht fortan wieder beim Kaiser. Damit begann in Österreich die Zeit des Neoabsolutismus.