Geplante Volksbefragung des autoritären österreichischen Regimes
12. Februar
Adolf Hitler drohte Bundeskanzler Kurt Schuschnigg bei einem Treffen in Berchtesgaden mit dem Einmarsch. Schuschnigg gab dem Druck nach und unterzeichnete ein Abkommen: Der Nationalsozialist Arthur Seyss-Inquart wurde Innenminister, inhaftierte NationalsozialistInnen kamen frei und durften legal in der Einheitspartei Vaterländische Front politisch tätig sein.
9. März
Schuschnigg kündigt angesichts des wachsenden Einflusses der Nationalsozialisten die Abhaltung einer Volksbefragung für „ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich“ für den 13. März an. Diese kurzfristig angesetzte Abstimmung sollte Hitlers Pläne durchkreuzen. Ein positiver Ausgang wäre ein Signal für ein unabhängiges Österreich gewesen. Die Chance dafür bestand, da auch die verbotene sozialdemokratische und kommunistische Opposition zur Unterstützung bereit war.
10. März
Hitler reagierte auf die angekündigte Volksabstimmung mit der Mobilmachung der deutschen Wehrmacht und setzte Österreich ein Ultimatum: Absage der Befragung oder Einmarsch!
11. März
Hitler forderte den Rücktritt Schuschniggs. Österreichische Nationalsozialisten besetzten Teile des Bundeskanzleramts. Am Nachmittag sagte Schuschnigg die Volksbefragung ab. Wenige Stunden später verkündete er seinen Rücktritt in einer Rundfunkrede, die er mit den Worten „Gott schütze Österreich“ schloss. Bundespräsident Wilhelm Miklas vereidigte nach längerem Zögern und unter massivem Druck den Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart zum Bundeskanzler.Noch am selben Abend gab Hitler unter dem Decknamen „Operation Otto“ den Befehl zum Einmarsch in Österreich.
Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich
12. März
65.000 Mann der deutschen Wehrmacht und Polizei marschierten in Österreich ein. Sie wurden von der Bevölkerung teilweise mit Jubel empfangen. Am Nachmittag überschritt Hitler in seiner Geburtsstadt Braunau die Grenze. Am Abend traf er mit Seyß-Inquart zusammen, um die bereits erfolgte Annexion auch staatsrechtlich zu vollziehen.
13. März
Die österreichische Regierung beschloss das im Auftrag Hitlers ausgearbeitete „Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“. Bundespräsident Miklas weigerte sich, das Gesetz zu unterschreiben und trat zurück. Seyß-Inquart unterzeichnete es als nunmehriges Staatsoberhaupt. Der Staat Österreich bestand nicht mehr!
15. März
Hitler hielt auf dem Heldenplatz vor zehntausenden Menschen eine Rede und verkündete „den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich“.
In den folgenden Tagen verhafteten Nationalsozialisten über 70.000 Menschen – vorwiegend Politiker der österreichischen Einheitspartei Vaterländische Front, SozialistInnen, KommunistInnen und antinazistische Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur sowie Juden. Viele wurden wieder freigelassen, mehrere Tausend blieben in Haft.
Noch im März fanden erste so genannte „wilde Arisierungen“ (spontane gesetzwidrige Enteignungen) statt: Mitglieder der NSDAP stürmten Wohnungen jüdischer Familien, plünderten und beschlagnahmten Wertgegenstände, nahmen Geschäfte und Betriebe jüdischer BürgerInnen einfach in Besitz oder kauften sie durch Erpressung zu einem Spottpreis ab.
HistorikerInnen bezeichnen diese gewaltsamen Übergriffe als „Anschluss-Pogrom“.
In diesen ersten Tagen der NS-Herrschaft in Österreich gab es Viele, die jubelten und vom Nationalsozialismus begeistert waren. Es gab aber auch zahlreiche Menschen, die Angst hatten, dem Terror der Nationalsozialisten ausgesetzt waren, aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Erste Österreicher werden ins KZ Dachau gebracht
1./2. April
Eine erste Gruppe österreichischer Gefangener aus Wien wurde in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen. Es waren vor allem Vertreter des autoritären Regimes aus Politik, Polizei und Justiz, Juden, Sozialisten und Kommunisten.
7. April
Adolf Hitler nahm persönlich den Spatenstich zum Bau der Reichsautobahn (Westautobahn) am Walserberg bei Salzburg vor. Das Versprechen der Schaffung von Arbeitsplätzen durch Großbauvorhaben sollte gute Stimmung für ein Ja zur Annexion bei der kommenden Volksabstimmung erzeugen. Geplant waren 1100 km Autobahn, tatsächlich gebaut wurden nur wenige Kilometer.
Volksabstimmung
10. April
Volksabstimmung über den Anschluss an das Deutsche Reich. In den Tagen davor erzeugten die Nationalsozialisten mit einer österreichweiten Propagandaoffensive den Eindruck, alle seien für den „Anschluss“. Der Stimmzettel für die Volksabstimmung war manipulativ gestaltet und die Aufforderung „Dein Kreuz gehört in den großen Kreis, der mit Ja überschrieben ist.“ machte deutlich, dass das NS-Regime kein „Nein“ akzeptieren und keine freien Wahlen (LINK zum Thema Wahlen) durchführen wollte. Bei der Abstimmung sorgten WahlhelferInnen der NSDAP für zusätzliche Einschüchterung. 8% der wahlberechtigten ÖsterreicherInnen (Jüdinnen und Juden sowie verhaftete politische GegnerInnen) waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Abstimmung endete mit 99,75% Ja-Stimmen für den „Anschluss“.
13. Mai
Hermann Göring, beauftragt, die deutsche Wirtschaft kriegsbereit machen, eröffnete mit einem Spatenstich die nach ihm benannten Stahl-Werke in Linz (heute Voestalpine). Am selben Tag gab Hitler den Bau der Nibelungenbrücke in Linz in Auftrag, die diesen Namen noch heute trägt.
Einführung der Nürnberger Gesetze
20. Mai
Die sogenannten Nürnberger Gesetze (Reichsbürgergesetz, Blutschutzgesetz, Reichsflaggengesetz) wurden in Österreich rechtswirksam. Diese Gesetze bildeten – wie schon in Deutschland seit 1935 – die Grundlage für die Ausgrenzung und Verfolgung all jener, die nicht als Mitgieder der sogenannten „Volksgemeinschaft“ galten. So z.B. war es Jüdinnen und Juden verboten, bestimmet Berufe auszuüben (Rechtsanwalt, Arzt, öffentliche Ämter, etc.), wurden jüdische Kinder von ihren bisherigen Schulen verwiesen. Die Folge war der Ausschluss der Jüdinnen und Juden aus Wirtschaft und sozialen Leben.
Bau des Konzentrationslagers Mauthausen
8. August
300 vorwiegend österreichische Häftlinge wurden aus dem KZ Dachau nach Mauthausen überstellt. Mauthausen galt ab diesem Zeitpunkt als Konzentrationslager. Schon im Mai war die Arbeit im großen Granitsteinbruch unter der Leitung der SS (Abkürzung für Schutzstaffel, ein militärischer Verband der nationalsozialistischen Partei) mit Zivilarbeitern begonnen worden. Bis 1945 wurden etwa 200.000 Personen in das KZ-Mauthausen deportiert. Die Häftlinge mussten beim Lageraufbau und in den Steinbrüchen arbeiten. Misshandlungen, Bestrafungen, Krankheiten, ständiger Hunger und die Allgegenwart des Todes bestimmten den „Alltag“ im Lager und auf den Arbeitsstätten.
Rosenkranzfest – erste spontane Widerstandsbekundung
7. Oktober
Mehrere Tausend katholische Jugendliche kamen zur traditionellen Andacht der Jugend zum Rosenkranzfest in den Stephansdom in Wien. Kardinal Theodor Innitzer hielt eine Predigt, die deutlich gegen Hitler und die kirchenfeindliche Haltung des nationalsozialistischen Regimes gerichtet war.Nach der Messe sammelten sich die Jugendlichen vor dem Erzbischöflichen Palais zu einer friedlichen Demonstration, die von Polizei und Gestapo (Abkürzung für geheime Staatspolizei) aufgelöst wurde. Einige Teilnehmer wurden verhaftet.
Tags darauf drangen Mitglieder der HJ in das Erzbischöfliche Palais ein und verwüsteten es.
Novemberpogrome
9./10. November
Im gesamten Deutschen Reich finden antijüdische Pogrome statt, auch in Wien und den österreichischen Bundesländern. Unter der Führung von Mitgliedern der SA (Abkürzung für Sturmabteilung, Ordnungstruppe der NSDAP) und SS (vgl. 8. August – Mauthausen) stürmten Nationalsozialisten und Sympathisanten jüdische Einrichtungen. Sie fuhren mit Lastautos durch die Straßen, plünderten, zerstörten, brandschatzten und fingen Männer und Frauen, die sie für Juden hielten, zusammen. Allein in Wien wurden 42 Synagogen und Bethäuser verwüstet und in Brand gesteckt, tausende Geschäfte und Wohnungen jüdischer BürgerInnen zerstört, Familien verhaftet. In Anspielung auf die zahlreichen geborstenen Fensterscheiben bezeichneten die Nationalsozialisten die Terroraktion zynisch als „Reichskristallnacht“.