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Der Erste Weltkrieg und seine Folgen

„Endlich Frieden in Europa!“

Die ersten Schritte zum Frieden erfolgten im Frühjahr 1918, als die neue provisorische Regierung des russischen Reichs mit den Mittelmächten den Friedensvertrag von Brest-Litowsk schloss. Kaiser Karl I. schlug am 14. September 1918 in einer Friedensnote „An alle!“ eine Verständigung der Kriegsgegner vor. Österreich hatte dieses Angebot an die Entente im Alleingang ohne seine Verbündeten gemacht. Die Siegermächte bestanden aber darauf, dass auch das Deutsche Reich ein Waffenstillstandsersuchen stellt.

Als im Herbst 1918 der militärische Zusammenbruch Deutschlands und Österreich-Ungarns nicht mehr abzuwenden war, drängte die Oberste Heeresleitung die deutsche Reichsregierung zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand. Deutschland war nun bereit, die Verhandlungen auf Basis des 14-Punkte-Programms von Wilson zu führen. Gleichzeitig brachte die Oberste Heeresleitung die „Dolchstoßlegende“ in Umlauf, wonach die unbesiegte deutsche Armee von Zivilisten verraten worden sei.

In den letzten Oktobertagen des Jahres 1918 überschlugen sich die Ereignisse in Wien: Binnen Kurzem löste sich die habsburgische Herrschaft in Österreich nach fast 640 Jahren auf. Am 3. November 1918 schlossen Österreich-Ungarn und die Entente Waffenstillstand. Am 11. November folgte das Waffenstillstandsabkommen bei Compiègne zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Damit endeten die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs. In Deutschland wurde die Republik ausgerufen. Österreich-Ungarn zerfiel. Die Nationalitäten der Monarchie bildeten eigene Staaten oder schlossen sich anderen Nationalstaaten an. Die verbleibenden deutschsprachigen Gebiete der Monarchie gründeten die Republik Deutschösterreich. 

Die Friedensverträge von Versailles und Saint-Germain-en-Laye

Nach langen Verhandlungen unterzeichnete Deutschland am 28. Juni 1919 den Vertrag von Versailles. Darin ist festgehalten, dass die alleinige Schuld am Krieg bei Deutschland und seinen Verbündeten liegt. Frankreich, Großbritannien, Italien und die USA unterzeichneten den Vertrag als Siegermächte. Sie erlegten Deutschland hohe Zahlungen zur „Wiedergutmachung“ der Kriegsschäden auf und setzten eine weitgehende Abrüstung durch, um Deutschland dauerhaft kampfunfähig zu machen: Panzer, Flugzeuge, U-Boote, Waffen und Kriegsschiffe mussten an die Siegermächte ausgeliefert oder zerstört werden. Die neu gegründete Republik Deutschland musste große Gebiete an andere Länder abtreten und ihre Kolonien aufgeben. Sie musste auch die Souveränität Österreichs anerkennen. 

Am 10. September 1919 unterzeichneten Vertreter der Republik Deutschösterreich den Friedensvertrag im Schloss Saint-Germain-en-Laye. Österreich wurde gemeinsam mit Deutschland die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg zugewiesen. Der Staatsname „Deutschösterreich“ und der Anschluss an das Deutsche Reich wurden verboten. Österreich wurde zu Zahlungen an die Siegermächte verpflichtet, seine Rüstungsfabriken und Waffen mussten zerstört werden. Eine allgemeine Wehrpflicht wurde verboten, nur ein Berufsheer von 30.000 Mann erlaubt. Die neu gegründete Republik Österreich musste Gebiete an andere Länder abtreten, u.a. Südtirol an Italien. Der Vertrag von Trianon regelte den Frieden mit Ungarn, des anderen Teilstaates der ehemaligen Doppelmonarchie. Auch Ungarn wurde zu Gebietsabtretungen verpflichtet. So kam ein Teil Westungarns als neues Bundesland Burgenland an Österreich.

Ein neues Europa auf wackeligen Beinen

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs musste die Landkarte von Europa neu gezeichnet werden. Die alten Monarchien wie das Habsburgerreich Österreich-Ungarn, das Deutsche Kaiserreich oder das russische Zarenreich waren Geschichte. Nationalitäten, die zum Kaiserreich Österreich-Ungarn gehörten, gründeten eigene Staaten. Die neue Republik Österreich war ein kleines Land mit einer Hauptstadt, die ehemals Zentrum eines Reichs mit 55 Millionen Menschen gewesen war.  

Die Monarchie Österreich-Ungarn war zerfallen, an ihre Stelle waren neue Staaten getreten: Österreich, Tschechoslowakei (heute Tschechien und Slowakei), Ungarn. Die südöstlichen Gebiete der ehemaligen Monarchie Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Slowenien bildeten mit Serbien einen südslawischen Staat (Jugoslawien). Weitere Gebiete kamen zu Polen, Rumänien und Italien.

Das friedliche Nebeneinander nach diesen politischen Veränderungen sollte der 1920 entstandene Völkerbund, ein Zusammenschluss von ursprünglich 32 Staaten, gewährleisten. Er gilt als Vorläuferorganisation der UNO. Der Völkerbund leistete viel auf humanitärem Gebiet, scheiterte jedoch bei der Sicherung des Friedens in Europa. Seine Macht reichte nicht aus, um Interessenkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten beizulegen. Auch gehörten ihm wichtige Großmächte, wie die USA, nicht an. Andere Staaten, wie Deutschland, traten wieder aus.

Erst nach 1945 erfolgte ein Umdenken. Als Nachfolgeorganisation des Völkerbunds entstand die UNO. Die Weichen für ein geeintes, friedliches Europa wurden mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS 1951) gestellt. Dieses Bündnis sechs europäischer Staaten wurde später zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG 1957) und zur Europäischen Union (EU 1993) ausgebaut. 

Die Dolchstoßlegende war eine Verschwörungstheorie, um die wahren Ursachen für den verlorenen Krieg zu verschleiern und den Gegnern des Kriegs, allen voran der SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschland), zuzuschieben. Die Oberste Heeresleitung behauptete, der siegreichen deutschen Armee sei ein „Dolchstoß in den Rücken“ versetzt worden. Der Krieg sei nur verloren worden, weil der Rückhalt in der Heimat gefehlt hätte. Rechte Parteien griffen diese Theorie dankbar auf und nutzten sie in ihrer Propaganda gegen Parteien der Linken. Dies erschwerte der jungendeutschen Republik den Weg und spielte in den 1930er-Jahren dem aufkommenden Nationalsozialismus in die Hand. 

Anlässlich des 90-jährigen Jubiläums der Republik Österreich hätte das Original des Vertrags von Saint-Germain in Wien gezeigt werden sollen. Die nach der Unterzeichnung in Frankreich aufbewahrten Originale konnten in den französischen Archiven aber nicht mehr aufgefunden werden. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Vertrag nach Berlin gebracht und dort ausgestellt. Wahrscheinlich wurde er dort auch bei einem Bombenangriff zerstört.

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gedruckt am: Donnerstag, 21. November 2024