Am 1. Juli 2018 übernimmt Österreich für ein halbes Jahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (auch „EU-Ratsvorsitz“ genannt). Es ist das dritte Mal nach 1998 und 2006, dass Österreich dem Rat der Europäischen Union vorsteht.
Österreichischer EU-Ratsvorsitz 2018
Wie ist die Ausgangslage?
In der Europäischen Union und ihren Institutionen gibt es langfristige Pläne und Schwerpunkte. Beispiele dafür sind die „Strategische Agenda des Europäischen Rates“, das jährliche Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und das 18-Monatsprogramm des Rats der Europäischen Union („Triopräsidentschaft“). Wichtige Punkte des aktuellen 18-Monatsprogramms und des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sind unter anderem der Kampf gegen illegale Migration, der Ausbau des digitalen Binnenmarktes und Maßnahmen zum Umweltschutz.
Was sind die Schwerpunkte?
Der EU-Ratsvorsitz orientiert sich am 18-Monatsprogramm und kann darüber hinaus noch eigene Schwerpunkte setzen.
„Ein Europa, das schützt“ ist das Motto des österreichischen EU-Ratsvorsitzes. Dieser Schutz bezieht sich auf drei Bereiche:
- Schutz vor „illegaler Migration“.
Dabei geht es vor allem darum, dass niemand illegal in die Europäische Union einreisen soll. - Sicherung des Wohlstandes und der Wettbewerbsfähigkeit.
Die Länder der Europäischen Union sollen wirtschaftlich mit den weltweit führenden Ländern mithalten können. Dazu sollen die Digitalisierung ausgebaut und kleine und mittlere Unternehmen gefördert werden. - Stabilisierung der Nachbarschaft: Die Länder des Westbalkans sollen an die Europäische Union herangeführt werden.
Dabei geht es vor allem um Montenegro, Albanien, Serbien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien. Diese Länder sind Kandidaten für einen Beitritt zur Europäischen Union.
Wie sollen diese Ziele erreicht werden?
Um diese Ziele zu erreichen, soll das Subsidiaritätsprinzip verstärkt angewendet werden.
Das heißt: Gemeinden, Bundesländer und Nationalstaaten sollen mehr selbstständig entscheiden. Die Europäische Union soll nur in jenen Bereichen Vorschriften machen, wo eine gemeinsame Regelung Vorteile bringt.
Ein Beispiel, wo jede Gemeinde am besten selber entscheiden kann, ist die Müllabfuhr. Wenn es dagegen um den Klimaschutz geht, ist eine gemeinsame europäische Regelung sinnvoller. Abgase machen schließlich nicht an den Landesgrenzen Halt.
Anders gesagt: Die Mitgliedstaaten, Bundesländer und Gemeinden sollen die „kleinen“ Fragen selbst entscheiden. Die Europäische Union soll sich um die „großen“ Fragen kümmern.
Einen Überblick über die verschiedenen Ebenen findest du im Thema „Politisches Handeln“.
Diskussionsfrage: Kennst du noch weitere Beispiele für gemeinsame europäische Regelungen? Was sind Vor- bzw. Nachteile im Vergleich zu Regelungen auf nationaler Ebene?
Welche Institutionen sind am EU-Ratsvorsitz beteiligt?
Die österreichische Bundesregierung, aber auch das österreichische Parlament, der Bundespräsident, die Bundesländer und die Sozialpartner sind am EU-Ratsvorsitz beteiligt.
Das Bundeskanzleramt (BKA) um Bundesminister Gernot Blümel (Stand: April 2018) ist in der österreichischen Bundesregierung für die europäischen Angelegenheiten zuständig. Das Bundeskanzleramt bereitet den EU-Ratsvorsitz vor und koordiniert auch die österreichische Position während des Ratsvorsitzes.
Die MinisterInnen der Bundesregierung führen im jeweiligen Ministerrat den Vorsitz, z.B. Rat für Allgemeine Angelegenheiten (RAA) oder im Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN). Eine Ausnahme ist der Rat für Auswärtige Angelegenheiten, der von der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik geleitet wird.
Im österreichischen Parlament finden während des EU-Ratsvorsitzes viele Konferenzen statt, bei denen sich Parlamentsabgeordnete und ParlamentspräsidentInnen aller EU-Mitgliedstaaten treffen. Ein Beispiel dafür ist das Treffen der Europaausschüsse der nationalen Parlamente (COSAC).