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Vorsitz im Rat der Europäischen Union

Wenn man von „Vorsitz“ spricht, so ist das oft eine bestimmte Person: z.B. der Vorsitzende des Fußballvereins, Herr X, oder die Vorsitzende einer Firma, Frau Y.
Beim Vorsitz im Rat der Europäischen Union ist das anders: Den Vorsitz führt ein bestimmtes Land, und das immer nur für ein halbes Jahr!

Alle sechs Monate übernimmt ein anderer Mitgliedstaat den EU-Ratsvorsitz. Jedes Vorsitzland erarbeitet ein Arbeitsprogramm. Zu Beginn des sechs-monatigen Vorsitzes wird das Programm dem Europäischen Parlament präsentiert. Am Ende übergibt das Vorsitzland dem EU-Parlament einen Abschlussbericht mit einem Rückblick auf die vergangenen sechs Monate.

Jeweils drei Mitgliedsstaaten, die beim Vorsitz aufeinanderfolgen, arbeiten eng zusammen und bilden für 1½ Jahre den so genannten „Dreiervorsitz“. Mehr dazu findest du im Kapitel „Der Vertrag von Lissabon: Veränderungen des EU-Ratsvorsitzes“.

Die Arbeitsprogramme dieses Dreier-Teams sind aufeinander abgestimmt, damit der Ratsvorsitz gut von einem Land auf das nächste Land übergeben werden kann.

Die Reihenfolge, wann welches Land den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernimmt, ist langfristig festgelegt (bis 2030). Mehr dazu findest du im Kapitel „Übersicht über EU-Ratsvorsitzländer von 2006-2030“.

Österreich führte 1998 und 2006 den Vorsitz im EU-Rat und ist wieder ab 1. Juli 2018 an der Reihe.

Diskussionsfrage: Die EU-Länder wechseln einander im Vorsitz des Rates der EU jedes halbe Jahr ab. Ebenso gibt es solche regelmäßigen Wechsel bei anderen politischen Institutionen, z.B. dem österreichischen Bundesrat.

Welche Vorteile und welche Nachteile haben diese Wechsel?

 

Aufgaben des Vorsitzes im Rat der Europäischen Union

Vorsitz heißt so viel wie „Leitung“. Das Land, das den Vorsitz im Rat der EU hat, hat folgende Aufgaben:

  • Es leitet die Sitzungen und Tagungen des Rates der EU sowie die Vorbereitungstreffen.
     

Eine Ausnahme bilden die Sitzungen im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“. Diese werden vom Hohen Vertreter/der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik geleitet. Der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ ist für den Bereich „Außen- und Sicherheitspolitik“ der EU zuständig.

Natürlich kann ein Land eigentlich keine Sitzung leiten. Je nachdem, über welches Thema beraten wird, leitet die zuständige Ministerin / der zuständige Minister des Vorsitz-Landes die Sitzung. 

Findet also beispielsweise während des österreichischen Ratsvorsitzes (1.Juli bis 31. Dezember 2018) ein Treffen statt, bei dem es um Wirtschaft und Finanzen gehen soll, so tritt der Rat Wirtschaft und Finanzen („ECOFIN-Rat“) zusammen. Bei diesem Treffen führt dann der österreichische Bundesminister für Finanzen (Hartwig Löger; Stand April 2018) den Vorsitz.

  • Das Vorsitz-Land legt fest, welche Themen in den Sitzungen des Rates der EU behandelt werden und erstellt die Tagesordnungen. Ebenso muss es dies für die Vorbereitungsgruppen tun. Das bedeutet ganz schön viel Arbeit, denn es gibt über 150 spezialisierte Arbeitsgruppen und Ausschüsse, welche die Treffen des Rates vorbereiten!
  • Das Vorsitz-Land vertritt den Rat der EU gegenüber anderen EU-Organen.
  • Vom Ratsvorsitz wird erwartet, dass er bei Konflikten zwischen den Mitglied-Staaten der EU vermittelt und neutral bleibt.

 

Nachgefragt: Beschluss im Rat der EU: Was ist eine „qualifizierte Mehrheit“?

Im Rat wird über Gesetzesvorschläge beraten und abgestimmt.
In der Regel braucht es eine „qualifizierte Mehrheit“, damit Beschlüsse angenommen werden. D.h., zustimmen müssen:

55% aller EU-Länder (das sind bei den derzeit 28 Mitgliedstaaten 16 Länder),
die außerdem mindestens 65% (in manchen Fällen: 72%) der EU-Gesamtbevölkerung repräsentieren

 

In Österreich leben übrigens 1,71% der Bevölkerung der EU. Hier kannst du ausrechnen, welchen Anteil an der Gesamtbevölkerung der EU die verschiedenen Länder haben. 

In einigen Fällen, wie z.B. in Verfahrensfragen, werden die Beschlüsse des Rates mit einfacher Mehrheit getroffen. Dafür müssen mindestens 15 Ratsmitglieder mit „Ja“ stimmen.

Bei besonders sensiblen Themen, beispielsweise in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, ist ein einstimmiger Beschluss erforderlich.

https://www.demokratiewebstatt.at/thema/thema-oesterreichischer-eu-ratsvorsitz/rat-der-europaeischen-union-und-eu-ratsvorsitz/vorsitz-im-rat-der-europaeischen-union
gedruckt am: Donnerstag, 21. November 2024