40 Jahre lang trennten bewachte Grenzen und Mauern die Menschen in Europa. Das Leben hinter der Mauer – in der DDR und den anderen Staaten des Ostblocks – unterschied sich in vielerlei Hinsicht vom Alltag der Menschen im Westen.
Die Sowjetunion als Vorbild
Die DDR wurde als sozialistischer Staat gegründet und verstand sich nach sowjetischem Vorbild als „Diktatur des Proletariats“: Laut Verfassung waren alle BürgerInnen gleich. Privates Eigentum an Produktionsmitteln übernahm der Staat als sogenanntes Volkseigentum. Geschäfte, Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe wurden verstaatlicht und die Wirtschaft zentral geregelt. Der Staat kontrollierte die Produktion. In einem Fünfjahresplan war festgelegt, was produziert wurde und wie die Produkte zu verteilen waren. Auch der Preis sämtlicher Produkte wurde fixiert. Das garantierte eine Grundversorgung zu festen Preisen. So kostete ein Stück Gebäck mehr als 40 Jahre lang genau fünf Pfennig! Oft war das Angebot an Waren aber unzureichend. DDR-BürgerInnen mussten sich meist lange anstellen, um zu ergattern, was sie brauchten. Waren sie dann endlich an der Reihe, kam es oft vor, dass die begehrten Waren bereits ausverkauft waren. Auf Luxusartikel wie Elektrogeräte und Autos warteten die KäuferInnen oft mehrere Jahre. Die Wartezeit für einen Trabi (ein in der DDR produziertes Auto) lag bei bis zu zwölf Jahren. Produkte, die aus dem Westen in die DDR importiert wurden, wie Südfrüchte, Kaffee, Kakao, Zucker und Bananen, waren selten und teuer.
Alltag in der DDR
Die SED wachte über die Menschen in der DDR: Von der Betreuung der Kleinkinder über die Ausbildung, die Freizeitgestaltung bis hin zur Arbeitsplatz- und zur Wohnungswahl, überall war die Partei beteiligt.
Arbeiten in der DDR
Die DDR bezeichnete sich als "sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern", so stand es in der Verfassung. Jeder Bürger und jede Bürgerin hatte per Gesetz ein Recht auf Arbeit. Wer mit der Schule fertig war, konnte sicher sein, eine Ausbildungsstelle und später einen Arbeitsplatz zu finden. Gleichzeitig bestand jedoch auch die Pflicht zur Arbeit. Wer nicht arbeitete, musste mit einer Geldstrafe rechnen, im schlimmsten Fall mit einer Gefängnisstrafe. Frauen waren ebenso berufstätig wie Männer. Es war niemals ein Problem, seine Wohnung, Essen, oder sonstige Lebenserhaltungskosten zu finanzieren. Niemand war arm oder existenzbedroht.
Kinderbetreuung und Ausbildung
Kleinkinder kamen schon mit dem ersten Lebensjahr in die Kinderkrippe, denn jedem Kind stand ein Platz in der Ganztagsbetreuung zu, deshalb konnten auch alle Frauen berufstätig sein. Im Alter von drei Jahren wechselten die Kinder von der Krippe in den Kindergarten und später, mit sechs Jahren, in die Schule. Das Bildungssystem war darauf ausgelegt, allen Kindern die gleiche Ausbildung zu ermöglichen. Von zehn SchülerInnen machten acht bis neun eine Berufsausbildung. Nur wenige studierten, denn die Studienplätze waren begrenzt. Chancen auf ein Studium hatte nur, wer sehr gute Noten vorweisen konnte und sich in der Politik oder in der Gesellschaft engagierte. Jugendliche, deren Eltern gegen die SED oder z.B. religiös waren, hatten geringe Aussichten auf einen Studienplatz.
Von Schulkindern wurde die Mitgliedschaft in einer Jugendorganisation erwartet. Diese machten Kinder von klein auf vertraut mit Werten wie der Liebe zum Vaterland und der Treue zur Partei.
Wohnen
Wie ein Recht auf Arbeit hatten in der DDR auch alle BürgerInnen ein Recht auf eine Wohnung. Der Staat regelte den Wohnungsmarkt und entschied, wer wann wohin umziehen durfte. Wohnungen wurden zugeteilt. Einem Vierpersonenhaushalt standen etwa 60 Quadratmeter zu. Viele warteten oft mehrere Monate auf eine neue Wohnung, jedoch wurde dafür Sorge getragen, dass niemand obdachlos ist.
Erlaubt – verboten – kontrolliert
Die Parteiführung beeinflusste fast jeden Bereich des Lebens der Menschen in der DDR. Vieles war verboten. Die Menschen wurden kontrolliert und überwacht: Der Geheimdienst der Staatssicherheit („Stasi“) hörte viele Menschen ab, überwachte sie, nahm sie fest und sperrte sie ein. Telefone wurden abgehört, Briefe geöffnet und zensiert. Viele Dinge aus dem Westen – wie Filme, Radiosendungen, Musik oder auch Mode, wie etwa Jeans – waren verboten oder verpönt.
Flucht als letzter Ausweg
Berliner Mauer und Eiserner Vorhang trennten Familien und Freunde. Ab 1963 war es für nahe Verwandte aus dem Westen möglich, mittels eines Passierscheins ihre Familien in Ostdeutschland zu besuchen. Wer über die Grenze wollte, wurde streng kontrolliert und durfte sich nur begrenzte Zeit in der DDR aufhalten. Viele Menschen in der DDR empfanden die Situation als unerträglich und suchten nach Wegen, um in den Westen zu fliehen, obwohl sie dabei ihr Leben riskierten.
Die BürgerInnen in der DDR konnten die Politik kaum beeinflussen, denn es gab keine freien Wahlen. Herrschende Partei war die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED). Sie führte das Land diktatorisch. Wer sich gegen die Partei stellte, wurde überwacht und verfolgt.
Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ist ein sozialistischer Jugendverband. In der DDR war sie die einzige staatlich anerkannte und geförderte Jugendorganisation. Sie war als bedeutende Massenorganisation Teil eines parallelen Erziehungssystems zur Schule. Die FDJ betrieb Diskotheken, organisierte Freizeit- und Sportveranstaltungen und sendete ein eigenes Jugendprogramm im Fernsehen und im Radio.
„Die DDR ist eine Mischung aus Kasernenhof und Kindergarten. Entweder man hat es mit dem Feldwebel zu tun oder mit der Kindergartentante. Beide erklären einem abwechselnd, oder gleichzeitig, jedenfalls pausenlos, was man zu tun, zu lassen, zu denken hat.“ Zitat von Barbara Coudenhove-Kalergi aus dem Buch „Zuhause ist überall“ (Zsolnay Verlag, Wien 2013: S. 291)