Wer arbeitet wo im Parlament?
Abteilung Stenographische Protokolle
Das ist Gerda Helscher. Sie ist seit 2001 im Parlament beschäftigt. Frau Helscher interessierte sich schon im frühen Volksschulalter für die Arbeit der ParlamentsstenographInnen. Sie war von der Vorstellung, so schnell schreiben zu können wie man spricht, fasziniert. Schon damals saß sie oft vor einem alten Stenographielehrbuch und übte.
Nach dem Abschluss der Handelsakademie und einem Sprachstudium arbeitete sie zuerst einige Jahre in einem ganz anderen Bereich. 1998 begann Frau Helscher dann in der Abteilung mitzuarbeiten.
Zurzeit arbeiten dort zehn Parlamentssteno- graphInnen.
Die Fragen:
- Meine Frage
- Was sind Ihre Aufgaben?
- Wie werden die Stenographischen Protokolle hergestellt?
- Wie lange dauert es, bis das Protokoll ausgearbeitet ist?
- Wie wird aus den ausgearbeiteten Reden ein fertiges Gesamtprotokoll?
- Wie lang ist das Protokoll einer Sitzung?
- Wie lange sprechen RednerInnen normalerweise?
- Wie lange dauerten solche Dauerreden?
- Wie lange dauerte die längste Sitzung, an die Sie sich erinnern können?
- Was finden Sie an Ihrem Beruf besonders interessant?
- Was ist die lustigste Geschichte, die Sie im Laufe Ihrer Arbeitserfahrung erlebt haben?
- Was würde passieren, wenn es die Abteilung „Stenographische Protokolle“ nicht gäbe?
- In welchen Bereichen wird das Stenographische Protokoll verwendet?
- Gab es irgendwann eine Situation, in der man sich der Arbeit, die die ParlamentsstenographInnen leisten, ganz besonders bewusst wurde?
Meine Frage
Meine Antwort
Was sind Ihre Aufgaben?
Wie werden die Stenographischen Protokolle hergestellt?
In der Zwischenzeit, bis also der/die ParlamentsstenographIn das nächste Mal in den Saal geht, überarbeitet er/sie die angefertigte Roh-Niederschrift zu einem druckreifen Produkt. Es muss der Satzaufbau ein wenig zurechtgerückt werden – denn die gesprochene Rede ist ja meist nicht wirklich druckreif –, überflüssige Füllwörter oder Wortwiederholungen werden gestrichen – ohne natürlich den Sinn des Satzes zu ändern! Zu achten ist dabei auf die richtige Schreibung von Eigennamen – z.B. Namen von ausländischen Politikern, von Städten in anderen Ländern – sowie verschiedener Fachbegriffe. Auch Zitate, z.B. aus Gesetzestexten oder aus Zeitungsartikeln, werden auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Zwischenrufe werden eingefügt, ebenso auch der Text von Anträgen, die im Laufe der Debatten eingebracht wurden.
Wie lange dauert es, bis das Protokoll ausgearbeitet ist?
Wie wird aus den ausgearbeiteten Reden ein fertiges Gesamtprotokoll?
Zum Schluss werden alle Reden einer Sitzung zu einem einzigen Dokument zusammengekoppelt, mit einem Inhaltsverzeichnis versehen – und dann erfolgt die endgültige Layoutierung, damit der Text auch optisch schön aussieht, und das fertige Gesamtprotokoll wird dann ins Internet gestellt – auf die Parlaments-Homepage.
Außerdem werden auch einige gedruckte Exemplare angefertigt, wobei das gedruckte Protokoll für jede Sitzung dann – wie ein Buch – gebunden wird.
Wie lang ist das Protokoll einer Sitzung?
Wie lange sprechen RednerInnen normalerweise?
Bei den „normalen“ Debatten in einer Plenarsitzung des Nationalrates, wenn also die Tagesordnung behandelt wird, darf ein Redner höchstens 20 Minuten lang sprechen. Meist werden aber vor der Sitzung von jedem Parlamentsklub sogenannte freiwillige Redezeitbeschränkungen für die einzelnen Abgeordneten, die in der Sitzung sprechen werden, festgelegt, die kürzer sind als die gesetzlich erlaubten 20 Minuten. –
Daneben gibt es für spezielle Arten von Debatten, z.B. über dringliche Anfragen, noch spezielle Redezeitregelungen.
Es ist heute jedenfalls im österreichischen Parlament nicht mehr möglich, dass Oppositionsredner stundenlange Dauerreden halten, um damit parlamentarische Entscheidungen zu blockieren, wie dies noch Anfang der neunziger Jahre möglich war – und auch tatsächlich der Fall war.
Wie lange dauerten solche Dauerreden?
Wie lange dauerte die längste Sitzung, an die Sie sich erinnern können?
Was finden Sie an Ihrem Beruf besonders interessant?
Im Stenographischen Protokoll wird dieses Geschehen ja in seinem vollen Wortlaut festgehalten und ist dann für alle folgenden Generationen nachzulesen. So können wir heute noch die Debatten der beiden Kammern des Reichsrates nachlesen, also des österreichischen Parlaments in der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie, und auch alle Debatten des Nationalrates und des Bundesrates der Republik Österreich seit ihrem Bestehen. Jede/r interessierte BürgerIn kann z.B. das Protokoll der ersten Sitzung des Nationalrates nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1945 nachlesen, oder die Debatte anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrags im Jahr 1955, oder die Debatte anlässlich der Genehmigung des EU-Beitrittsvertrags im Jahr 1994. – Von den Sitzungen ab 1996 sind die Protokolle auch auf der Parlaments-Homepage abrufbar.
Was ist die lustigste Geschichte, die Sie im Laufe Ihrer Arbeitserfahrung erlebt haben?
Die aus meiner Sicht lustigste Szene war aber, als einmal ein Abgeordneter bei seiner Rede auf einem mitgebrachten Tonbandgerät einen aufgezeichneten Werbespot vorspielen wollte. Da ihm der vorsitzführende Präsident dies nicht erlaubte, hat der Abgeordnete den Tonfall des Sprechers aus dem Werbespot und die hohe, kindlich wirkende Stimme, mit der er sprach, nachgeahmt und hat in dieser Weise den Werbespot am Rednerpult selbst vorgetragen, oder eigentlich fast vorgesungen – zur großen Erheiterung der anderen Abgeordneten. – Das kann man übrigens auch im Stenographischen Protokoll nachlesen.
Was würde passieren, wenn es die Abteilung „Stenographische Protokolle“ nicht gäbe?
In welchen Bereichen wird das Stenographische Protokoll verwendet?
Aber auch PolitikerInnen suchen öfters in Protokollen nach Aussagen anderer PolitikerInnen, die diese irgendwann einmal in einer Sitzung getätigt haben, um zum Beispiel die Erfüllung eines damals gemachten Versprechens einzufordern.
Manchmal wird sogar während einer laufenden Plenarsitzung vom/von der vorsitzführenden Präsidenten/Präsidentin das ausgearbeitete Protokoll einer soeben gehaltenen Rede angefordert, z.B. als Grundlage für die Entscheidung, ob er/sie einem/einer RednerIn oder ZwischenruferIn einen Ordnungsruf erteilt.
Sehr wichtige Unterlagen sind auch die Protokolle der Untersuchungsausschuss-Sitzungen, besonders auch für den jeweiligen Untersuchungsausschuss selbst, weil die Abgeordneten dann bei der Befragung einer Person immer gleich im Protokoll nachsehen können, ob die Antwort mit der Aussage einer früher befragten Person übereinstimmt oder ob es da vielleicht Widersprüche gibt.